Franz K.

Der Winter war in Berlin angekommen. Wenn sich die grauen Wolken über die Stadt ziehen, wirkt Berlin wie ein großer Raum mit hoher Decke wie eine Bühne für eine Geschichte. Eine Geschichte, in der die Sonne hinter den Wolken ihrem Platz dem Mond überlässt. Die Vorstellung des Mondes hinter den grauen Wolken ließ einen hellen Punkt in meiner Fantasie zurück man konnte den Mond nicht sehen, aber seine Existenz floss durch die Erzählung Berlins. Es gibt Dinge, deren Anwesenheit man in Berlin immer noch spüren kann. Zum Beispiel: Kafka schaut manchmal in dieser Stadt vorbei und landet am Ende meiner Geschichte. Berlin ist die einzige Geschichte, die wirklich existiert. In Eile nahm ich meine alten Gewohnheiten mit mir; meine Augen waren ebenso unruhig wie meine Schritte und aus den verstreuten Lichtern der Straße formten sie abstrakte Bilder. Plötzlich, wie ein wildes Pferd, warf eine schnelle Drehung meines Kopfes meinen Blick von oben der Bahnbrücke herunter. Meine Augen mussten dem Verlauf der Gleise in die Tiefe folgen, und dort, wo sie sich im Unendlichen zu einem Punkt verjüngten, konnte ich ein vollständigeres Bild erkennen: eine hohe, dunkle Silhouette, die sich in den Himmel streckte ein gewaltiges Bauwerk, vielleicht hundert Jahre oder älter. Unwillkürlich machte ich ein paar Schritte nach vorn. Je näher ich kam, desto größer wurde es und desto kleiner wurde ich. Vielleicht war es gerade die Kleinheit der Tür, die mich nicht länger davor verzögern ließ und mir  bevor ich noch fremder wurde den Mut gab, einzutreten. Als ich eintrat, hatten der Duft von Kaffee und Holz den Raum erobert. Ich hängte meine North-Face-Jacke neben einen klassischen Mantel an den Haken. Ich setzte mich auf einen Stuhl in der Ecke. Vor mir saß ein Mann, aus seinem Kaffee stieg noch immer Dampf auf. Er schien ganz im Schreiben versunken zu sein. Ich ging ein Stück näher, neugierig, seine Worte zu sehen. Ein Wort folgte dem anderen, floss auf das Papier. Meine Augen mussten mehrmals über das Blatt gleiten, um schließlich diesen Satz zu lesen:

„Der Leser dieses Textes wird gemeinsam mit seinem Autor in die Tiefe dieses Blattes hinabgezogen.“

Mit Respekt gezeichnet:

Vielleicht Franz K.